Kanton tadelt SBB-Management
Die Ausfälle von SBB-Zugsverbindungen wegen Lokführer-Mangels sorgen nach wie vor für rote Köpfe. Dem Aargauer Regierungsrat sind aber die Hände gebunden, wie er kürzlich mitteilte. Der Regierungsrat lässt nun abklären, ob die SBB wegen Nichteinhaltens von Vereinbarungen zur Kasse gebeten werden kann.
Die negativen Auswirkungen der Zugsausfälle infolge Lokführer-Mangel seien noch nicht absehbar, schreibt der Regierungsrat in seinen Antworten zu drei Interpellationen aus den Reihen von FDP, CVP und SP. Die Bundesbahnen hätten zwar für die meisten Zugsausfälle Ersatzbusse organisiert und so zumindest die Reiseketten sichergestellt. Die Reisezeiten hätten sich zum Teil jedoch deutlich verlängert. Teilweise gar verdoppelt, schreibt die Regierung weiter.
Wenn ab dem Fahrplanwechsel vom kommenden 13. Dezember wieder sämtliche Züge verkehrten, seien die Auswirkungen kurzfristig. Man erwartete nur «geringe negative Langzeitwirkungen für die betroffenen Gebiete».
Unter anderem ist der Bahnbetrieb des «Nazelis», der S28 Zofingen-Suhr-Lenzburg, seit dem 7. September eingestellt. Es gibt ein Busverbindung. Am Samstag und Sonntag fallen die S29 Sursee-Olten-Aarau-Turgi und weitere Zugsverbindungen im und aus dem Aargau aus.
Fahrplanpflicht verletzt
Der Angebotsabbau der SBB widerspreche zahlreichen Verpflichtungen, hält der Regierungsrat fest. Es gehe um die Fahrplan- und Beförderungspflicht sowie um abgeschlossene Verträge (Angebotsvereinbarungen zwischen Bund/Kantonen und den SBB).
Der rechtliche und finanzielle Umgang in diesem erstmaligen Vorfall sei Gegenstand der laufenden Abklärungen von Bund und Kantonen. Normalerweise würden den Transportunternehmen für bestellte Leistungen Abgeltungen bezahlt. Diese berechneten sich aus den im Voraus prognostizierten Betriebskosten abzüglich der erwarteten Einnahmen.
Das dringliche Bundesgesetz über die Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise sieht vor, dass den Unternehmen im Jahr 2020 die Defizite nach Abzug der gesetzlichen Reserven entschädigt werden.
Busersatz wird nicht entschädigt
Da für die gestrichenen Leistungen kein Aufwand entsteht, werden diese auch nicht durch die Besteller mitfinanziert. Zudem hat das Bundesamt für Verkehr bereits entschieden, dass Busersatzleistungen nicht abgeltungsberechtigt sind und somit durch die SBB zu bezahlen sind, wie der Regierungsrat in den Stellungnahmen erläutert.
Aargau verlangt gründliche Analyse
Wie es zur aktuellen Situation gekommen ist, dass die SBB als Transportunternehmen in ihrem Kernbereich derart erschüttert werden, hat gemäss Regierungsrat «sehr viele Gründe». Nachvollziehbar sei der Ausbildungsrückstand bei den Lokomotivführern wegen der Corona-Krise. Es gebe jedoch auch «gravierende Managementfehler». Im Nachgang zu dieser Krise müsse eine gründliche Analyse durch die SBB zuhanden des Bundes und der Kantone Klarheit schaffen, wie es zu diesem Lokführermangel gekommen sei und welche Massnahmen ergriffen werden müssten.