Auf Konfrontation: Mitarbeiter wollen den Verwaltungsratspräsidenten selbst bestimmen
«Auch das noch», dürften sich die Verwaltungsräte und die Aktionärsgemeinden des Suhrental Alterszentrums in Schöftland gedacht haben, als sie vor wenigen Tagen unerwartete Post der Belegschaft erhielten. Darin titelte diese: «Die Mitarbeitenden haben genug!»
Dasselbe bekamen die Verantwortlichen bereits Tage zuvor vom Verwaltungsratspräsident Ralph Bürge zu lesen. Dieser trat nach rund neun Monaten im Amt, überraschend und aus persönlichen Gründen, per sofort zurück.
Während Bürge gegenüber den Medien schweigt, lässt die Belegschaft in Schöftland kein gutes Haar an ihm. Sie kritisiert in einem offenen Brief an den Verwaltungsrat und die Aktionärsgemeinden des Alterszentrums seine Art zu arbeiten und zu kommunizieren scharf und greift ihn auch persönlich an. Bürge schweigt trotzdem weiter. Zur Info: Ralph Bürge leitet seit vielen Jahren das grosse Alterszentrum Lindenhof in Oftringen äusserst erfolgreich. Er hat den Betrieb zu einem Vorreiter in der Branche auf- und ausgebaut.
Weil es der Belegschaft nach Bürges Rücktritt und ihrem «Hilferuf» an den Verwaltungsrat und die Aktionärsgemeinden zu wenig schnell ging, liessen die Mitarbeiter den Brief auch vereinzelten Medien zukommen.
Der angeblich «von allen Mitarbeitenden» (Zitat) unterschriebene Brief spart nicht mit Kritik am Verwaltungsrat und den Trägergemeinden. So werde die harte und aufopfernde Arbeit der Belegschaft von aussen «nicht wertgeschätzt» und «strategisch ist seit Frühling 2022 der Stillstand eingetreten».
Gelobt wird im Brief die «sehr gute Geschäftsleiterin» Bernadette Flükiger und der grosse Einsatz der Belegschaft, dank dessen das Alterszentrum auf die Erfolgsspur zurückgekehrt sei.
Zu guter Letzt fordert die Belegschaft «Interesse vom Verwaltungsrat für ein zukunftsorientiertes Alterszentrum», «eine zeitgemässe Infrastruktur», das Vorantreiben des Neubauprojekts und die Rückkehr von Uwe Matthiessen, «dem besten Verwaltungsratspräsidenten, den es je gab für das Alterszentrum». Zur Info: Matthiessen war vor rund zehn Monaten vom Verwaltungsrat des Alterszentrums nicht mehr zur Wiederwahl vorgeschlagen worden.
Der Verwaltungsrat des Alterszentrums tagte ferienbedingt erst am Mittwochabend des 15. Februars, (nach Redaktionsschluss) erstmals nach Bürges Rücktritt und dem Brief der Belegschaft. «Zeitnah soll über das weitere Vorgehen informiert werden», heisst es von Seite Verwaltungsrat auf Anfrage des «Landanzeigers». Man darf gespannt sein. RAN
Kommentar von Chefredaktor Raphael Nadler
Der offene Briefe an den Verwaltungsrat und die Aktionärsgemeinden, aber auch viele weitere Vorkommnisse in der Vergangenheit machen deutlich: Rund um das Suhrental Alterszentrum gibt es grosse Probleme, aber auch unterschiedlichste Interessen.
Diese Probleme müssen nun schnellstens angegangen, die Interessen auf einen Nenner gebracht und Lösungen ausgearbeitet werden. Dazu braucht es beide Seiten und ein offenes und ehrliches aufeinander Zugehen. Mit Anstand und Respekt und ohne gekreuzte Finger.
Dass sich Bewohner und Belegschaft in Schöftland einen Neubau wünschen ist verständlich. Vieles liegt infrastrukturmässig im Argen. Trotzdem geht es wohl nicht so schnell, wie sich das einige wünschen. Geduld bringt Rosen, besagt ein altes Sprichwort. Und Rom wurde auch nicht in einem Tag erbaut. Wer wissen will, wie viele Hürden und Stolpersteine ein Neubauprojekt nehmen muss, der soll Mal beim FC Aarau anklopfen.
Dass Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber gegenüber offen sind, Probleme aufzeigen und Wünsche anbringen, gehört zu einer guten Unternehmenskultur. Es zeigt auf, dass sie sich mit dem Betrieb identifizieren und für ihn leben. Dass die Belegschaft nun aber auch den neuen Verwaltungsratspräsidenten und die Zentrumsleitung bestimmen will, geht zu weit. Die Kaderleute des Alterszentrums wären in den letzten Tagen gut beraten gewesen, Geduld zu üben und gemeinsam mit dem Verwaltungsrat einen runden Tisch einzuberufen. Druck über die Presse auszuüben bringt nie den gewünschten Erfolg. Auch zusätzlich Öl ins Feuer zu giessen, dient niemandem. Schon gar nicht den Bewohnern des Alterszentrums. RAN