Immobilien-Ratgeber: Planung und Realisierung von Bauwerken
Im Bezirk Aarau wurden in der letzten Bauperiode (2016–2022) etwas mehr als 670 Gebäude, mehrheitlich für die Wohnnutzung, neu erstellt. Dazu wurden rund Fr. 2.3 Mia für die Entwicklung, Planung und Realisierung investiert. Bei Neubauten wird für die Planung und Bauleitung im Normalfall ein Planerteam beigezogen. Im konventionellen Verfahren werden anschliessend Unternehmerleistungen in der Koordinationsverantwortung der planenden Fachpersonen «eingekauft». Die zu erbringenden Planer- und Bauleitungsleistungen orientieren sich üblicherweise an den Richtlinien des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA). Der Leistungskatalog umfasst dazu sechs Teilphasen. Die architektonische Gestaltung des Baukörpers, die Sicherstellung der Material- und Bauqualität sowie die Einhaltung des Budgets der BauherrInnen bilden die Grundlage eines erfolgreichen Planungs- und Bauprozesses. BauherrInnen müssen sich jedoch bewusst sein, dass sie in jedem Fall, das oberste Kontroll- und Entscheidungsorgan bleiben.
Je nach Komplexität des Projekts kann ¬¬es Sinn machen, als Bindeglied zwischen der Bauherrschaft und dem Planerteam, eine/n Bauherrentreuhänder/in zu engagieren. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Bauherrschaft eine Fachperson beizieht, welche als Baurechts¬experte/in den Prozess begleitet. Da vertragsrechtliche, formelle oder haftungsrechtliche Fragen häufig erst in den Blickwinkel der Verantwortlichen gelangen, wenn der «Schaden» verursacht ist, kann diese ergänzende Expertise, frühzeitig mit eingebunden, präventive Wirkung erzielen. Beim Abschluss des Auftragsverhältnisses zwischen BauherrInnen und den Fachpersonen der Planung und Bauleitung sind verschiedene Punkte vertieft zu prüfen und entsprechend zu regeln.
Schliesst die Bauherrschaft mit einer/m Architektin/en einen «Gesamtleistungsvertrag» ab, so liegt nach aktueller Rechtsprechung ein gemischter Vertrag mit werkvertraglichen und auftragsrechtlichen Teilen (Bauleitung) vor. Daraus ist abzuleiten, dass der/die AuftragnehmerIn für die Leistungsphasen bis zur Bauleitung der Auftraggeberschaft einen bestimmten Leistungserfolg schuldet, wogegen sie für die Phase der Bauleitung eine sorgfältige, getreue Arbeitsleistung persönlich und im Interesse der Auftraggeberschaft sicherzustellen hat. Insbesondere zum «sorgfältigen Tätigwerden» gilt es, die «Regeln des Berufsstandes» zu beachten. Der Bezug zu diesen wird mit den vorgenannten Normenwerken der SIA sichergestellt. Wie eingangs erwähnt hat die Planerin / der Planer dabei vor allem auf die Bedürfnisse und Weisungen der Bauherrschaft, auf deren Wünsche zur ¬Gestaltung sowie deren Vorgaben zum Kostenrahmen Rücksicht zu nehmen. Und spätestens ab der Phase der «Ausschreibung», in welcher pro Arbeitsgattung (Baumeister, Holzbau, Elektroinstallation usw.) Angebote für die Ausführung von Unternehmerleistungen eingeholt werden, erweitert sich für das Planungsteam diese Sorgfaltspflicht auf die Prüfung und das Vergleichen der Angaben und Unterlagen der Anbieter. Die «Ausschreibung» (Marktabfrage) verfolgt zwei wesentliche Ziele: Erstens will die Bauherrschaft auf der Basis der eingereichten Offerten und Ausführungsvorschläge anschliessend dem wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag erteilen und zweitens muss auf der Basis dieser Daten der definitive Kostenvoranschlag (Bestellungsänderungen und ausserordentliche Umstände vorbehalten) erstellt werden können. Diese Teilphase ist in verschiedener Hinsicht sehr wichtig. Sie bildet die Grundlage zur Erhebung der Werkverträge mit den Unternehmern und ist zugleich der Beginn der Realisierungsphase. Lücken- oder fehlerhafte Ausschreibungsunterlagen und/oder unvollständige Angaben und Berechnungen in den Unternehmerangeboten können gravierende monetäre, substanzielle und rechtliche Konsequenzen haben. Soll ein Bauprojekt erfolgreich realisiert werden können, ist die Phase der Ausschreibung sowie der daraus abzuleitenden Ergebnisse von existenzieller Bedeutung.
Neben den Grundleistungen, welche gemäss den SIA-Richtlinien für die Planung und Bauleitung vorgesehen sind, ist zu ¬beachten, dass verschiedene Arbeiten als sogenannt «besonders zu vereinbarende Leistungen» in eine Auftragsvereinbarung aufgenommen werden müssen. In den SIA-Richtlinien findet sich eine grosse Anzahl solcher «Zusatzpositionen». Es ist für BauherrInnen daher unerlässlich, sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen auch mit diesen Punkten zu beschäftigen. Zu vereinbaren sind unter anderem das Vorgehen und die Kostenfolgen bei Projekt- und/oder Bestellungsänderungen sowie für die Erstellung von Unterlagen für Subventionsgesuche.
Immobilien-Fragen können gestellt werden an:
Urs Bolliger
Bolliger Neukom Treuhand
Herzogstrasse 14, 5001 Aarau
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