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Gemeinde soll die «Waldeck» für 2,8 Millionen Franken kaufen – ohne Steuerfusserhöhung

Bereits vor drei Wochen kündigte der Gemeinderat Muhen an, für das Traktandum «Waldeck» eine ausserordentliche Gemeindeversammlung einzuberufen, jetzt sind die Zahlen bekannt geworden, um die es geht: Die Liegenschaft 1142 soll für 2,8 Millionen Franken gekauft und für 100'000 Franken zügig saniert werden. Gegenüber dem ersten «Kaufversuch» vor 6 Jahren, soll dafür aber keine Steuerfusserhöhung nötig sein.

Der Gemeinderat wollte die Liegenschaft 2018 schon einmal kaufen, scheiterte aber an der Gemeindeversammlung. Dass es jetzt überhaupt zu einem zweiten «Kaufversuch» kommen kann, liegt an einem Vorstoss an der letzten Gemeindeversammlung. Der Gemeinderat durfte nicht von sich aus eine praktisch gleiche Vorlage an die Versammlung bringen. Es brauchte einen Vorstoss von FDP-Ortsparteipräsident Michael Fretz, der den Gemeinderat an der Sommer-Gmeind namens seiner Partei und mittels Überweisungsantrag aufforderte, entsprechende Kaufverhandlungen aufzunehmen.

Keine Steuerfusserhöhung, aber Belastung der Erfolgsrechnung 2026

Der Gemeinderat handelte schnell, denn auch er hat erkannt, «dass das Dorfzentrum gestärkt und damit bewusst gestaltet und koordiniert entwickelt werden kann», wie den Unterlagen zur ausserordentlichen Gmeind zu entnehmen ist.  Zusammen mit der Garage Lüscher befinde sich die «Waldeck» im gleichen Gestaltungsperimeter und mache einen wesentlichen Teil des Dorfzentrums aus, es sei nützlich für die Gemeinde entsprechend Einfluss zu haben.

Der erste Versuch die Liegenschaft für 2,5 Mio. Franken zu kaufen scheiterte 2018 am Souverän. Mit 213 Nein-Stimmen zu 126 Ja-Stimmen wurde die Vorlage bachab geschickt. Die geforderte temporäre Steuerfusserhöhung um 5 Prozentpunkte könnte entscheidend gewesen sein.  Diesmal kostet die Liegenschaft 2,8 Millionen Franken, zusätzlich sollen 100’000 Franken bewilligt werden, um die nötigsten Sanierungen durchführen zu können. Verzichtet wird auf eine Steuerfusserhöhung. Stattdessen rechnet der Gemeinderat vor, dass die Liegenschaft «teilweise im Verwaltungsvermögen mit entsprechendem linearen Abschreibungsbedarf sowie teilweise im Finanzvermögen verbucht» wird. Neben der jährlichen Abschreibung um 20’000 bis 80’000 Franken, käme eine Wertkorrektur im Jahr 2026 von 1,0 bis 1,3 Millionen Franken hinzu, die zulasten der Erfolgsrechnung ginge.

Wohnungen für Asysuchende im Obergeschoss

«Die bestehenden Nutzungen sollen so weit wie möglich beibehalten werden», schreibt der Gemeinderat in der Botschaft weiter. «Der Gemeinderat ist der Ansicht, wenn die «Waldeck» der Gemeinde gehört, soll der Gastrobetrieb mittelfristig bestehen bleiben». Die Wohnungen und Studios im Obergeschoss sollen dagegen künftig genutzt werden, um Asyl- und Schutzsuchende unterzubringen» hält der Gemenderat fest. Langfristig lässt er sich alle Türen offen und verweist auf die Gestaltungsplanpflicht «Ortsbild», der eine «Vielfalt an privaten und öffentlichen, insbesondere publikumsorientierten Nutzungen und Wohnungen» vorsieht. 

Die jüngste Geschichte des Gasthofs «Waldeck» ist damit mindestens so turbulent wie die Erzählungen  aus früheren Zeiten. Seit seiner Schliessung sollte hier 2016 eine Asylunterkunft entstehen, gegen die sich die Dorfbevölkerung mit Fackeln in der Hand, an einer Mahnwache erfolgreich gewehrt hatte. 2018 versuchte die Gemeinde die Liegenschaft für 2,5 Millionen Franken zu kaufen und den Steuerfuss dafür um 5 Prozentpunkte zu erhöhen, scheiterte jedoch ebenfalls am Willen der Bevölkerung. Danach wurde das Gebäude zwischenzeitlich als zusätzlicher Schulraum gemietet und die heute noch ansässige «Hoperia» hat sich fest eingenistet und ist aus dem gesellschaftlichen und kulturellen Dorfleben kaum mehr wegzudenken.

Die ausserordentliche Gemeindeversammlung findet am 25. Oktober 2024 statt. Der Gemeinderat hat sich für eine separate «Gmeind» entschieden, da er mit einem grossen Diskussionsbedarf rechnet. Die «normale» Gemeindeversammlung sei schon stark befrachtet. Diese findet dann am 22. November 2024 statt.