Aargauer Jahresrechnung 2022: Überschuss von 116 Millionen Franken – Kanton fast schuldenfrei
Für das Rechnungsjahr 2022 hatte der Grosse Rat ein Negativ-Budget und die Entnahme aus der Ausgleichsreserve von 42,3 Millionen Franken beschlossen. Dies erfolgte vor dem damaligen Hintergrund der Covid-19-Pandemie und den damit verbundenen grossen Unsicherheiten. Die Rechnung 2022 wird durch die vom Regierungsrat bereits angekündigte Rückstellung für den vorgesehenen Finanzhilfebeitrag an das Kantonsspital Aarau (KSA) um 240 Millionen Franken belastet. Diese Finanzhilfe zur Vermeidung der Überschuldung des KSA wird dem Grossen Rat mit separater Vorlage im Frühjahr 2023 zur Bewilligung vorgelegt. Bis am 12. März 2023 hat dazu die öffentliche Anhörung stattgefunden. Trotz dieser im Budget nicht berücksichtigten hohen Zusatzbelastung weist das Rechnungsergebnis dank hoher Mehrerträge und zahlreichen Budgetunterschreitungen einen Überschuss von 116 Millionen Franken aus. Finanzdirektor Dr. Markus Dieth freute sich an der Medienkonferenz, dass er erneut und seit 2017 ununterbrochen einen positiven Rechnungsabschluss präsentieren konnte: „Der Aargauer Finanzhaushalt steht nach dem sechsten positiven Rechnungsabschluss in Folge auf einem sehr stabilen Fundament. Mit dem positiven Ergebnis der Jahresrechnung 2022 stärkt der Kanton Aargau seine Bilanz und festigt seine aktuell sehr solide Finanzlage weiter. Bemerkenswert ist der Überschuss von 116 Millionen Franken vor dem Hintergrund, dass die nicht budgetierte Rückstellung für die Finanzhilfe des Kantonsspitals von 240 Millionen Franken vollständig und ohne Verschuldung aufgefangen werden kann.»
Hauptgründe für den Überschuss
Dass der Überschuss viel höher ausgefallen ist als budgetiert, hat drei Hauptgründe. Die Steuereinnahmen lagen 189 Millionen Franken über den Erwartungen, welche im Jahr 2021 noch stark von Covid geprägt waren. Im Vergleich zum Vorjahr ist ein Anstieg der Steuereinnahmen um 85,2 Millionen Franken zu verzeichnen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte nochmals eine sechsfache Ausschüttung vorgenommen, woraus gegenüber der budgetierten vierfachen Ausschüttung ein Mehrertrag von 107 Millionen Franken resultierte. Hinzu kommen substanzielle Budgetunterschreitungen in zahlreichen Aufgabenbereichen. So ist das erfreuliche Jahresergebnis auch der hohen Budgetdisziplin und dem umsichtigen Finanzmanagement zu verdanken, wie auch die im Dezember 2022 von der Ratingagentur Standard & Poor’s verliehene Höchstbewertung AAA zeigt.
Rückblickend kann festgehalten werden, dass die Covid-19-Pandemie die Konjunktur und damit auch die Steuereinnahmen weniger negativ beeinflusst hatte, als zum Zeitpunkt der Budgetierung im Sommer/Herbst 2021 angenommen wurde. Zudem fielen auch die Zusatzausgaben für die Schutzsuchenden aus der Ukraine im Asyl- und Bildungsbereich deutlich geringer aus, als mit den vom Grossen Rat bewilligten Nachtragskrediten erwartet werden musste.
Der konsolidierte Aufwand ist gegenüber dem Vorjahr nur um 192,6 Millionen Franken angestiegen. Ohne die Rückstellung für die Finanzhilfe an das KSA wäre der konsolidierte Aufwand sogar tiefer ausgefallen als im Vorjahr.
Dank konsequentem Schuldenabbau heute praktisch schuldenfrei
Im Jahresergebnis 2022 ist gemäss den gesetzlichen Vorgaben ein weiterer substanzieller Schuldenabbau enthalten. Nachdem die bisherigen Fehlbeträge bereits mit dem letzten Rechnungsabschluss 2021 komplett abgetragen wurden, konnte nun der im Jahr 2016 angefallene Fehlbetrag mit einer letzten Tranche über 21,1 Millionen Franken vollständig getilgt werden. In der Bilanz sind damit keine Fehlbeträge der Finanzierungsrechnung mehr enthalten. Die Schuld der Spezialfinanzierung Sonderlasten wurde mit vorliegendem Rechnungsabschluss um 126,4 Millionen Franken reduziert. Der Schuldenstand der Spezialfinanzierung Sonderlasten beträgt Ende 2022 damit noch tiefe 35,9 Millionen Franken. Diese Restschuld wird mit der für das Jahr 2023 budgetierten Einlage in die Spezialfinanzierung Ende dieses Jahrs ebenfalls vollständig abgetragen sein. Finanzdirektor Dr. Markus Dieth zum Schuldenabbau: „Wir haben dank den konstant guten Ergebnissen die Schuldenlast seit 2016 um fast 1,3 Milliarden Franken auf noch lediglich 35,9 Millionen Franken abgetragen. Dank dieser umsichtigen Finanzpolitik ist der Kanton Aargau heute praktisch schuldenfrei und hat sich damit eine gute Ausgangslage für finanziell anspruchsvollere Zeiten erarbeitet.“
Hohe Ausgleichsreserven sorgen für Stabilität und Handlungsfreiheit
Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat, den gesamten Überschuss von 116 Millionen Franken in die Ausgleichsreserve einzulegen, die damit Ende 2022 einen Bestand von 837,6 Millionen Franken erreicht. Finanzdirektor Dieth strich erneut die Vorzüge der Ausgleichsreserve hervor: „Die Ausgleichsreserve ist in unsicheren Zeiten dazu da, Schwankungen und vorübergehende Defizite auszugleichen. Wir haben vorgesorgt und uns dank der vorausschauenden Planung ein gutes Polster angelegt. Damit leistet die Ausgleichsreserve einen wesentlichen Beitrag zur langfristigen Stabilität des Kantonshaushalts.»
Schwerpunkte des Regierungsrats im Jahr 2022
Der Regierungsrat will die Voraussetzungen für den Wohn- und Wirtschaftsstandort Aargau auf der Basis seines Entwicklungsleitbilds 2021–2030 weiter verbessern. Staatsschreiberin Joana Filippi: „Damit trägt der Regierungsrat zur Orientierung in herausfordernden Zeiten bei und stärkt gleichzeitig langfristig die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kantons sowie die Attraktivität als Wohnort.“ Zur Umsetzung seiner Vorhaben hat der Regierungsrat 2021 das Programm „Aargau 2030 – Stärkung Wohn- und Wirtschaftsstandort“ mit acht Projekten lanciert. Viele der geplanten oder teilweise bereits umgesetzten Massnahmen erfolgen in Zusammenarbeit mit den Gemeinden, den Arbeitgebendenverbänden und Arbeitnehmendenverbänden sowie weiteren Organisationen im Kanton Aargau. Deshalb lud der Regierungsrat Ende April 2022 Vertreterinnen und Vertreter der Aargauer Gemeinden und weiterer Akteure zu einer Auftaktveranstaltung ein; die Ziele und Meilensteine des Programms wurden vorgestellt und diskutiert.
Mit dem Planungsbericht Steuerstrategie 2022–2030 legte der Regierungsrat zum ersten Mal eine langfristige Steuerstrategie für den Kanton Aargau vor, welche für mehrere Jahre eine gesamtheitliche Entwicklung vorsieht, mit der das Ressourcenpotenzial verbessert werden soll. Die 20 Leitsätze der Steuerstrategie wurden dem Grossen Rat im August 2022 unterbreitet. Um die im Vergleich zu anderen bevölkerungsreichen Kantonen unterdurchschnittliche Dichte an gewinnstarken Unternehmen im Kanton Aargau längerfristig zu erhöhen, startete der Regierungsrat im Jahr 2022 zudem den Entwicklungsschwerpunkt „Erhöhung der Unternehmensdichte, Stärkung der Ansiedlungsstrategie“. Weiter veröffentlichte der Regierungsrat im Frühling 2022 den Massnahmenplan Klimaschutz und Klimaanpassung. Dieser zeigt auf, mit welchen rund 90 Massnahmen der Regierungsrat die 2021 erarbeitete Klimastrategie umsetzt und dabei auch Chancen für Innovationen nutzt.
Auch in den Bereichen Bildung sowie Gesundheit hat der Regierungsrat im Berichtsjahr wichtige strategische Vorhaben vorangetrieben. Der Grosse Rat genehmigte 2022 finanzielle Mittel für die Erweiterung der Kantonsschule Wettingen und für die Projektierung einer Erweiterung der Kantonsschule Baden. Ebenfalls im Jahr 2022 stimmte die Gemeindeversammlung der Gemeinde Stein der erforderlichen Einzonung für die Errichtung einer neuen Kantonsschule im Fricktal zu. Diese Massnahmen helfen, dem wachsenden Raumbedarf an den kantonalen Mittelschulen gerecht zu werden. Schliesslich hat der Regierungsrat im Jahr 2022 die öffentliche Anhörung zur Gesundheitspolitischen Gesamtplanung 2030 durchgeführt. Mit der Gesundheitspolitischen Gesamtplanung 2030 werden die Ziele der künftigen Spital- und Gesundheitslandschaft im Kanton Aargau festgelegt.
Im Laufe des Berichtsjahrs führten verschiedene Faktoren dazu, dass die Verfügbarkeit von Gas und Strom abnahm. Von einer Strom- und Gas-Mangellage wären praktisch alle Lebens- und damit auch Politikbereiche betroffen. Deshalb hat der Regierungsrat im August 2022 die kantonale Task Force Versorgungssicherheit eingesetzt, in der alle Departemente, die Staatskanzlei und der Kantonale Führungsstab vertreten sind. Die Task Force analysiert die Herausforderungen umfassend und schlägt geeignete Massnahmen vor. Miteinbezogen in die Eventualplanungen werden die Gemeinden und ihre Regionalen Führungsorgane, die kantonalen Wirtschaftsverbände und Arbeitnehmendenorganisationen sowie die Energieversorgungsunternehmen im Kanton.
„Trotz einer bisher glücklicherweise nicht eingetretenen Strom- und Gas-Mangellage erachtet es der Regierungsrat als wichtig, sich weiterhin vertieft mit möglichen Massnahmen zu deren Vermeidung und Bewältigung auseinanderzusetzen. Es ist auch in kommenden Wintern mit kritischen Verfügbarkeiten zu rechnen, als Resultat von möglicherweise ausbleibenden Gaslieferungen oder der wetterabhängigen und deshalb unsichereren Stromproduktion und -speicherung bei Wasserkraftwerken“, so Staatsschreiberin Filippi.
Würdigung des Rechnungsergebnisses
Finanzdirektor Dr. Markus Dieth schloss die Medienkonferenz mit einer politischen Würdigung: „Das Jahresergebnis 2022 attestiert dem Grossen Rat und dem Regierungsrat des Kantons Aargau ein nachhaltiges, verantwortungsvolles und umsichtiges Finanzmanagement. Die Rating-Agentur Standard & Poor’s begründete die im Dezember 2022 erteilte Verbesserung des Ratings auf die Höchstbewertung AAA mit dem straffen Finanzmanagement, den tiefen Schulden und mit der ausgezeichneten Liquiditätslage als Folge der Einlagen in die Ausgleichsreserve.“ Dieth unterstrich auch die Bedeutung eines stabilen Finanzhaushalts hinsichtlich des zukünftigen Gestaltungsspielraums und der Umsetzung der im Entwicklungsleitbild formulierten Ziele: „Stabile Finanzen verschaffen uns den nötigen Handlungsspielraum, um die finanzpolitischen Herausforderungen in den nächsten Jahren erfolgreich zu meistern und den Wohn- und Wirtschaftsstandort Aargau weiter zu stärken.»
Für die künftige Entwicklung der Finanzen wird entscheidend sein, wie die Politik im Kanton Aargau auf die hohen Unsicherheiten und die sich abzeichnende anspruchsvolle Entwicklung des Umfelds reagieren wird. Dazu sagt Finanzdirektor Dr. Markus Dieth: „Für den Regierungsrat erfordert dies eine weiterhin realistische und vorsichtige Finanzplanung, eine hohe Ausgaben- und Budgetdisziplin sowie eine Fokussierung auf notwenige und strategische Investitionen und Entwicklungsimpulse für den Wohn- und Wirtschaftskanton Aargau.» AG