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Bockstössige Himbeerbuben

Das Leben ist nicht immer lustig, aber manchmal schon. Mir ist jüngst genau so eine Sache passiert. Es war der Tag, an dem die eine Grossbank (CS) von der anderen (UBS) übernommen wurde. Sie erinnern sich. Den ganzen Tag über kam im Radio nichts anderes. Klar, dass man als guter Schweizer dann abends um halb acht die Tagesschau gucken muss.

Aber irgendwie wollte ich die Leute von den Banken und von der Politik, denen ich den ganzen Tag im Radio schon zugehört hatte, nicht noch einmal hören. Also setzte ich mich mit einem Kopfhörer vor den Fernseher und gab mir Musik auf die Ohren, drehte auf. Der Zufallsgenerator des Musik-Programms spielte für mich eine lange Live-Version des Patent Ochsner Songs «W. Nuss vo Bümpliz» just dann, als Bundesrätin Karin Keller-Sutter mit ernster Miene im Fernsehen ihre Lippen bewegte. Was sie sagte, hörte ich nicht. Stattdessen hörte ich: «D’ Venus vo Bümpliz geit dür d’Strass, liecht u flüchtig wie nes Gas. So unerreichbar höch.» Als ich Bild und Ton zusammensetzte, wurde für mich eine Bundesrätin zur Venus.

Dann kamen in der Tagesschau die Männer zu Wort, Banker, Finanzexperten, Politiker. Und Patent Ochsner singen dazu: «Bockstössigi Himbeerbuebe, schüüch u brav wie Schaf schön föhnfrisiert, chöme tubetänzig nöch.» Da musste ich herzhaft lachen (wohl als einziger, der in diesem Moment die Nachrichtensendung schaute). Während im Fernsehen vermutlich die Geldgier der Banker Thema war, besingen Patent Ochsner die männliche Gier nach der schönen W. Nuss aus Bümpliz. Das hat auf herrlichste Weise gepasst und ich lernte, dass es in ganz seltenen Fällen lustig ist, wenn zwei Dinge miteinander verbunden werden, die nichts miteinander zu tun haben.

Bester Laune traf ich mich tags darauf mit meinem Freund Fredy. Der hat die Nachrichten auch gesehen und wetterte über die Banker, die den Hals nicht vollkriegen. Das sind bockstössige Himbeerbuben, erklärte ich ihm. Er war kurz irritiert und wetterte weiter über die Herren in ihren Massanzügen (hier ergänzte ich: «schön föhnfrisiert»). Als Fredy erneut über Karin Keller-Sutter redete, warf ich ein, ob er die Venus von Bümpliz meinte? Hier brach Fredy seine Wutrede irritiert ab und fragte mich, ob es mir gut gehe, ob ich etwas nähme, starke Medikamente oder andere Sachen? Ja, sagte ich ihm, ich nehme Kopfhörer mit lauter Musik. Gegen die Nachrichten.

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