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Die neue Tiertafel hilft, wenn Herrchen kein Futter mehr kaufen kann

Angelina Pulver hat in Uerkheim eine «Tiertafel» gegründet. Armutsbetroffene können dort fürs Haustier einkaufen.

Die vier Hunde sind aufgeregt. In diesem Uerkner Ladenlokal gibt es lauter Sachen, die sie kennen. Hundekissen, Leinen, Ballis und ein ganzes Regal voll Futter. Sie beschnüffeln alles, selbst die Säcke mit Katzenstreu, und springen an ihrem Frauchen Angelina Pulver hoch. Doch diese lässt sich nicht erweichen. Die Leckerli und Spielzeuge sind nicht für sie bestimmt. Alles, was die Hunde so aufmerksam beäugen, wurde gespendet. Auch Katzentüren sind darunter, Transportkörbe und Tierbücher. Gedacht sind sie für Menschen, die finanziell abgerutscht sind und kein Geld mehr für ihr Haustier haben. Am 1. September hat Angelina Pulver die Tiertafel Aargau gegründet. Vorbild ist der Verein Schweizer Tiertafel, der seit 2017 existiert. Zwar ist ihre tiertafel-ag.ch diesem nicht angeschlossen. Da sie die gespendeten Produkte in einem gemieteten Lokal anbietet, zahlen die Kunden ein kleines Entgelt. Die Schweizer Tiertafel gibt alles gratis ab. Aber der nationale Verein steht ihr mit Rat beiseite.


Tiere als Psychologen

Angelina Pulver ist 46. Sie wohnt mit Mann und Tochter in der Nähe des Uerkner Kirchleins, gegenüber den tierischen Mitbewohnern im Haus sind die drei Menschen aber in der Minderzahl. Neben den Hunden sind da noch Katzen, Schildkröten, Hasen und Rennmäuse. Tiere machen glücklich. In Deutschland, wo es Tiertafeln schon seit mehreren Jahren gibt, haben Freiwillige die Wirkung des Tiers als Psychologen schon längst erkannt. Wenn sich der Mensch in einer Krise befindet, dient ihm sein Haustier als Stütze. Dieses weggeben zu müssen, würde den ohnehin angeschlagenen Zustand noch verschlimmern. Dann schwappte die Idee hinüber in die Schweiz.

Nach dem Vorbild der Schweizer Tiertafel kann auch bei Angelina Pulver fast gratis einkaufen, wer eine Bestätigung vom Sozialamt hat. 2 Franken zahlt man pauschal pro Woche, 6 Franken pro Monat. Auch Personen, die keine Sozialhilfe beziehen, dürfen in der Aargauer Tiertafel an der Bergstrasse 1 einkaufen. Sie erhalten die Produkte nicht zu einem Pauschalpreis, sondern zahlen pro Produkt einen herabgesetzten Preis.

Weil eine Freundin von ihr bis nach Luzern reiste, um günstigeres Hundefutter zu kaufen, entstand die Idee mit der Aargauer Tiertafel. Es sei ein Glücksfall, dass sie das Ladenlokal im Keller des ehemaligen Restaurants Eintracht gefunden habe. Der Bus hält gleich in der Nähe, man braucht also nicht mit dem Auto anzufahren.


Auf einen Kaffee vorbeischauen

Mittwochs und samstags, jeweils zwischen 14 und 17 Uhr, ist die Aargauer Tiertafel geöffnet. «Die Kunden tröpfeln langsam rein», sagt die Gründerin. Alle, die seit der Eröffnung bei ihr einkaufen kamen, erfuhren übers Sozialamt von ihr. Oft treten auch schwere Schicksale und viele Sorgen über ihre Schwelle. Armut aufgrund Erkrankung, einer zu kleinen Rente oder falschen Entscheiden vor Jahren. «Dafür gibt es im Laden einen Bistrotisch und eine Kaffeemaschine», sagt Angelina Pulver. Sie sei für die Menschen genauso da, wie für ihr Tier. Gar nicht tropfenweise trafen die Spenden in der Tiertafel in Uerkheim ein. Ein paar Mails an Hersteller und Vertreiber, ein Aufruf auf Facebook – und es «hagelte » Futter, Hundedecken und Katzenbürsten.