Eine sympathische Walliserin im Dienste der Aargauer Regierung
Den Beruf des Staats- oder Bundesweibels erlernt man nicht wie eine klassische Berufslehre. Als Voraussetzungen, um diese Funktion zu übernehmen, werden eine abgeschlossene Berufslehre erwartet sowie einige Jahre «funktionsrelevante Erfahrungen». Dazu sollte man ein «sattelfestes und routiniertes Auftreten» mitbringen − so steht es im Leitfaden der Standes- und Bundesweibel-Vereinigung.
Anne Rigert aus Muhen bringt diese Voraussetzungen mit. Sie ist seit drei Jahren Staatsweibelin des Kantons Aargau und war davor während fünf Jahren als Ersatz für den damaligen Weibel André Belloli tätig. «Ich war damals schon im Empfang der Staatskanzlei angestellt und habe mich für die Stelle als Ersatz-Weibel beworben und so bin ich 2019 schliesslich für André Belloli nachgerückt, der in Pension gegangen ist». Das erzählt Anne Rigert übrigens in einem astreinen Walliser-Deutsch. «Ich lebe schon 20 Jahre im Kanton Aargau, aber den Dialekt habe ich behalten», lacht sie. «Und ja, ich werde natürlich darauf angesprochen. Ich behaupte dann immer, ich sei eine waschechte Aargauerin».
«Eine Begegnung hat mich besonders geprägt»
Rigerts positive Ausstrahlung, ihr freundlicher Umgang und die mit Bedacht gewählten Worte helfen ihr im korrekten Umgang mit unterschiedlichsten Politgrössen. So begegnet sie bei Empfängen regelmässig auch Bundesratsmitgliedern oder Vertreter anderer Kantonsregierungen. Eine Begegnung ist ihr in besonders liebevoller Erinnerung geblieben: «Es ist eine an den leider verstorbenen ehemaligen Regierungsrat Roland Brogli. Ich war damals noch Ersatzweibelin und kam zum ersten Mal zum Einsatz. Ich erlebte ihn als sehr zuvorkommend und freundlich, etwas, was meine Arbeit bis heute geprägt hat». Die Mühelerin unterstreicht, dass der Umgang mit den heutigen Regierungsräten ebenfalls sehr gut sei. «Wir haben Regierungsräte, die sehr nahe beim Volk sind und ausgezeichnete Arbeit leisten».
Ihre Arbeit mache ihr Spass. Eigentlich gebe es keine Aufgaben, die sie nicht gerne macht. «Höchstens mal, wenn ich viel Papier herumtragen muss», lacht sie. Es sei eine spannende und abwechslungsreiche Arbeit, die viel Flexibilität und manchmal Improvisation erfordere. «Das liegt mir gut, so bleibt der Alltag in Bewegung», freut sich die erste Frau überhaupt, die das Amt des Weibels im Kanton Aargau bekleidet. Die meiste Zeit verbringt Anne Rigert mit Vorbereitungen und Büroarbeiten. Sie bereitet Klausursitzungen der Regierung vor, sorgt dafür, dass alle nötigen Dokumente bereit liegen und archiviert schliesslich alle Papiere ordentlich, dies immer öfter auch digital. Auch für die Verpflegung der Regierungsmitglieder während den intensiven Arbeitstagen ist sie besorgt, sie plant Abläufe, rekognosziert Lokalitäten, spricht sich mit Veranstaltern ab − schliesslich soll die Arbeit der Ratsmitglieder reibungslos ablaufen können.
«Traditionen sind wichtig»
Anne Rigert sieht man aber auch in der Öffentlichkeit: «Bei offiziellen Anlässen begleite ich den Landammann oder einen der anderen Regierungsräte und trage dabei das Ornat». Die blaue Robe, das Zepter und das Schild gehören zum unverkennbaren Merkmal eines Weibels. Während die Bekleidung massgeschneidert für Anne Rigert angefertigt wurde, ist das Zepter ein Original aus Jahr 1803, dem Gründungsjahr des Kantons Aargau.
Dass solche Traditionen hochgehalten werden, schätzt die seit 20 Jahren in Muhen lebende Rigert. Sie ist verheiratet und Mutter von drei erwachsenen Kindern und fühlt sich sehr wohl in der Deutschschweiz. «Damals führte uns eine berufliche Veränderung meines Ehemannes in den Aargau. Ich arbeitete im Wallis als Einsatzleiterin bei der Notrufnummer 144». In Baden war sie dann während neun Jahren in der Notfallaufnahme im Kantonsspital tätig − «Erfahrungen, die mir heute in der Organisation des beruflichen Alltags sehr zugutekommen», blickt die Mühelerin zurück.
Hört man als Weibelin auch mal das eine oder andere Staatsgeheimnis? «Nein», lacht Anne Rigert, «unsere Regierungsräte arbeiten sehr professionell. Es besteht ein grosses Vertrauensverhältnis, auch zu mir, und ich bin mir meiner Verantwortung im Umgang zum Beispiel mit Dokumenten bewusst.» Ihr Pensum als Weibelin beträgt etwa 30 bis 40 Stellenprozente. Sie übt dies neben der Leitung der Telefonzentrale des Kantons aus. Wie viel sie als Weibelin zu tun hat, komme immer darauf an, was läuft. «Während den Ferien ist es natürlich weniger. Dann widme ich mich meinen Hobbies, nämlich dem Golfspiel und dem Reisen. Dies ist ein ausgezeichneter Ausgleich zum spannenden Alltag.» RC.