Pro Natura erklärt Iltis zum Tier des Jahres 2024
Der Iltis ist in der Roten Liste der Säugetiere der Schweiz als «verletzlich» eingestuft. Er ist zwar in tieferen Lagen noch weit verbreitet, aber wohl nicht häufig. Zudem lässt sich der Iltis selten sehen. Der Verwandte des Steinmarders mag’s diskret. Lieber macht der Iltis einen Umweg, als dass er sich über eine offene Fläche bewegt. Entdeckt man ihn doch einmal, ist er an der weissen Zeichnung um die Nase und entlang der Ohrränder eindeutig zu erkennen.
Iltisse können die Kulturlandschaft ausserhalb des Waldes nur durchstreifen, wenn diese reich gegliedert ist und viel natürliche Deckung bietet. Ein Mosaik aus Wassergräben, Hecken, hohen Staudenfluren, Ast- und Steinhaufen, natürlichen Bächen und Feuchtgebieten ist für den Iltis lebenswichtig. Auch viele andere Arten profitieren von solchen Strukturen, zum Beispiel Frösche, Kröten und andere Kleintiere. Auf sie ist der Iltis für seine Ernährung angewiesen. Strukturreiche Agrarlandschaften und Feuchtgebiete gehören zu den bedrohtesten Landschaftstypen der Schweiz. Der Iltis wirbt als Tier des Jahres 2024 dafür, die Reste dieser Landschaften besser zu schützen und verarmte Landschaften wieder zu beleben.
Ein einsamer Nomade
Iltisse sind ausserhalb der Paarungszeit als Einzelgänger unterwegs. Sie sind vorwiegend nachtaktiv. Je nach Nahrungsangebot und Qualität des Lebensraumes sind ihre Streifgebiete zwischen einem halben und mehreren Quadratkilometern gross. Weibchen sind möglicherweise territorial. Hungrige Iltisse durchstöbern systematisch ihren Lebensraum auf der Suche nach Fröschen, Kröten oder anderen Kleintieren. Ist ein Gebiet «leergefressen», ziehen sie weiter.
Das Iltisfell ist dünn. Deshalb ist der Iltis im Winter besonders in höheren Lagen auf einen schützenden Unterschlupf angewiesen. Gerne nimmt er ruhige Winkel in Scheunen und Ställen an. Bevor der erste Schnee fällt, futtert sich das Tier des Jahres 2024 so richtig auf. Ein Drittel seines Körpergewichts kann im Herbst aus Fett bestehen.
Der Iltis ist im Winter wenig aktiv und verlässt sein Quartier nur selten, um sich zu entleeren oder um leicht erreichbare Beute zu erhaschen. Das kann ein Hühnerei, Katzenfutter oder auch eine unvorsichtige Maus sein.
Froschschenkel bevorzugt
Iltisse sind als Fleischfresser bei uns spezialisiert auf Frösche und Kröten. Wenn im Frühjahr die Grasfrösche und Erdkröten zu ihren Laichgewässern wandern, lebt der Iltis im Schlemmerparadies. Es gibt so viele Beutetiere, dass der Iltis davon Vorräte anlegt oder nur noch die Froschschenkel verspeist. Diese makabren Spuren verraten seine Anwesenheit. Doch der Überfluss währt nur kurz. Nach dem Laichgeschäft wandern die Frösche und Kröten zurück in ihre Sommerlebensräume. Ab jetzt muss der Iltis seine Nahrung wieder in Wäldern, Feuchtwiesen, Staudenfluren oder anderen Frosch-Lebensräumen aufstöbern.
Mutter Iltis macht’s allein
Iltisse paaren sich hauptsächlich in den Monaten April bis Juni. Nach sechs Wochen bringt das Iltis-Weibchen drei bis sechs Jungtiere zur Welt. Das Weibchen zieht die Jungen allein auf. Diese öffnen nach rund einem Monat ihre Augen und fressen bereits Fleisch. Zwei Monate später sind die weiblichen Jung-Iltisse etwa so gross wie das Muttertier, die Männchen sogar schon grösser. Jetzt löst sich die Familie auf. Im folgenden Jahr sind die Jungtiere geschlechtsreif – wenn sie den Winter überstanden haben.
Iltis-Verbreitungskarte mit Lücken
Ein schneller Blick auf die Verbreitungskarte des Iltisses in der Schweiz könnte zur Annahme verleiten, der Iltis komme im Flach- und Hügelland der Schweiz praktisch überall vor. Bei näherem Hinsehen zeigen sich Lücken im Wallis und im Tessin. Zudem sagt die Karte nichts über die Anzahl der bei uns lebenden Iltisse aus. Der Rückgang geeigneter Lebensräume und die dramatische Abnahme der Amphibienbestände macht dem Iltis das Leben zweifellos schwer.
Der Wald bietet dem Iltis in der Schweiz vielerorts einen günstigen Lebensraum, wo oft auch die begehrten Frösche und Kröten ihr Sommerquartier haben. Schlechter sieht es ausserhalb des Waldes aus. Maschinengerechte Landwirtschaftsflächen bieten oft keine Verstecke oder Wanderkorridore für den Iltis. Zudem sind in der Schweiz in den vergangenen 150 Jahren 90 Prozent aller Feuchtgebiete trockengelegt worden. Pro Natura