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Überlegungen der überparteilichen Gruppe für den «Maienzug als Fest für alle»

Die Überlegungen der überparteilichen Gruppe für den Maienzug als Fest für alle: Der Maienzug, ein grosses Stück Aarauer Geschichte und Identität, wurde 2023 aus praktischen Gründen grundlegend verändert. Das führte leider dazu, dass das Fest, das bisher alle Menschen von der Aare bis zum Zelgli vereinte, nun eine regelrechte Spaltung der Aarauer Gesellschaft bewirkt. So stehen sich die traditionellen «Maienzügler», die sich dem bisherigen Maienzug verpflichtet fühlen, und die «Neuenzügler», die das Konzept des Maienzugs fundamental überarbeiten möchten, gegenüber. Diese Tatsache bedauern wir sehr, und wir möchten dazu beitragen, dass der veritable Graben zwischen diesen beiden Gruppen nicht noch verstärkt, sondern überbrückt wird. In diesem Dokument sollen deshalb konstruktive und kreative Lösungen aufgezeigt und neue Möglichkeiten angedacht werden.

Es wäre schön, wenn viele Aarauerinnen und Aarauer zu einem neuen und verbindenden Fest beitragen könnten. Die aktuelle Bevölkerungsumfrage ist ein Schritt zu mehr Partizipation der Bevölkerung an der Frage des Maienzugs, den wir begrüssen. Gleichzeitig bedauern wir, dass es nur zwei entweder/oder- Fragen sind und kein Schritt hin zu einer Lösung, in der sich alle finden könnten, gemacht wird.
Es ist uns ein Anliegen, dass die Gräben zwischen «Neuenzüglern» und «Traditionalisten» nicht verstärkt werden, sondern dass verbindende Elemente und Kompromisse priorisiert werden. Folgende Überlegungen könnten dafür als Inspiration dienen.

Dezentraler Maienzug

Der neue Maienzug konzentriert sich (wie auch der Bachfischet) auf die Altstadt und den Schachen. Dadurch fühlen sich Quartiere, die traditionell einen Teil zum Maienzug beisteuerten, ihres Fests und ein Stück weit auch ihrer Quartieridentität beraubt. Sowohl die Oberaarauer Quartiere als auch die Telli waren stolz auf ihren Beitrag zum Maienzug. Es müsste ein Weg gefunden werden, wie der Telliring und die Schanz wieder Teil des Maienzugs werden können. Auch die traditionelle Umzugsroute durch die Metzgergasse und die Laurenzenvorstadt wurde von vielen sehr geschätzt. Das heisst nicht, dass alles wieder so werden muss wie früher, sondern wir ermutigen die Aarauer Gesellschaft, auf neuen Wegen zu denken.

Bankett auf der Schanz: Traditionen verbinden die Menschen. Das Bankett mit gemeinsamem Essen, Trinken und Feiern ist für Aarauerinnen und Aarauer mit schönen Erinnerungen und Freundschaften verbunden. Es fehlt bisweilen etwas an Schatten und es ist räumlich eng, grössere Probleme sind dadurch aber nie entstanden. Könnten Sonnenschirme oder Sonnensegel eine Lösung sein? Könnte allfälligen Platzproblemen nicht auch mit weiteren Bänken auf dem Areal der Bezirksschule begegnet werden oder wäre eine Durchführung an zwei Standorten denkbar? Das Bankett auf der Schanz gehört ganz wesentlich zum Maienzug und sollte beibehalten werden. Es wäre zudem wünschenswert, wenn am Abend die Schanz offen bliebe.

Morgenfeier im Telliring: Es gibt kaum einen feierlicheren Ort in Aarau als den Telliring mit seinen mächtigen Bäumen und seiner langen Geschichte. Seit 1890 wird die Morgenfeier im Telliring durchgeführt. Für das Telliquartier war der Maienzug der einzige Anlass im Jahr, an dem dieser stimmungsvolle Platz öffentlich genutzt wurde. Vor allem Familien und ältere Menschen in der Telli identifizierten sich immer stark mit dem Maienzug auf dem Telliring und vermissten ihn in diesem Jahr sehr. Das Platzproblem war schon vor einigen
Jahren in der Maienzugskommission Thema, und die Machbarkeit eines
grösseren Anlasses wurde geprüft. Die Umsetzung einer grösseren Tribüne scheiterte schliesslich an den Kosten und nicht an der Machbarkeit. Berechnungen von damals haben gezeigt, dass die Tribünen um mind. einen Drittel erhöht werden könnten, ohne dass der Baumbestand betroffen wäre oder die Choreographien angepasst werden müssten. Vielleicht könnte diese Priorisierung nun überdacht werden? Früher nahmen an der Morgenfeier nur die Primarschulen teil. Während die Oberstufe keinesfalls ausgeschlossen werden soll, könnte ihre Teilnahme vielleicht als Kompromiss freiwillig gemacht werden?

Raum für die Kinder und Jugendlichen: Der Maienzug ist ein Fest für alle, besonders aber für die Kinder, so hiess es im Maienzugslied. In der aktuellen Debatte schienen die Kinder zu kurz zu kommen, das wird von beiden Seiten als Argument angeführt. Der spätere Beginn des Umzugs zum Beispiel soll den Kleinen am Morgen Stress ersparen, setzt sie aber während der Morgenfeier grösserer Hitze und physischer Belastung aus, besonders, wenn es kein Znüni mehr gibt.
Der Verzicht auf die Rede der Jugendlichen aus der Kanti macht den Ablauf der Morgenfeier effizienter und vielleicht auch moderner. Die Stimme der Jugend wurde aber in Aarau nie so stark wahrgenommen wie am Maienzug, und dieser einzigartige Raum für Meinungsäusserung sollte nicht aufgelöst werden. Auch die Umzugsroute wurde von Traditionalisten wie von Neuenzüglern zur Instrumentalisierung der Kinder verwendet, sie ist länger, andererseits sind die Zuschauer näher am Umzug dran und die Kinder können sie besser erkennen. Das Argument «für die Kinder» kann auf alle Seiten ausgelegt werden, denn die Bedürfnisse der Kinder sind sehr unterschiedlich. Sie werden auch gerne mit den Bedürfnissen der Eltern und Lehrpersonen vermischt.
Wir versuchen uns hier deshalb auf Punkte zu konzentrieren, die für alle jungen Aarauerinnern und Aarauer einen Mehrwert bedeuten könnten, ohne «neuenzüglerische» oder «traditionalistische» Färbung:
Vorschläge zum Weiterdenken: Neue Ansätze wie Poetry-Slam und andere kreative Beiträge der Jugendlichen könnten ausprobiert werden. Damit würde das Problem der langweiligen Reden gelöst, aber der Raum für die Stimme der Jugend erhalten.

Der Klimawandel wird die Mittagszeit in Aarau tendenziell heisser machen. Eine Beschattung der Tribüne (egal an welchem Standort) sollte ebenso angedacht werden wie eine Veränderung des Ablaufs, der die Kinder nicht während der heissesten Tageszeit stundenlang der Sonne aussetzt.

Der Morgen ist für 4-jährige sehr lang, die Distanzen weit (auf beiden Routen). Die Wiedereinführung eines Imbisses zumindest für die Kleinsten kann dabei helfen. Ein rascherer Übergang von Umzug zur Morgenfeier müsste auch überdacht werden. Wie kann das besser organisiert werden?

Die Erhöhung des Geldwerts der Bons für die Chilbi ist wohl unbestritten. Sie könnten aber auch noch am Samstag ihre Gültigkeit behalten, denn dann möchten viele Jugendliche nochmals ohne die Maienzügler
und besonders ohne die Erwachsenen auf die Chilbi.

Für die Kinder findet am Freitagnachmittag wenig Programm statt. Tanz auf dem Maienzugplatz ist besonders für die Kleinen ein Highlight. Für die Teenager ist das Angebot jedoch beschränkt. Wie wäre es mit der Wiedereinführung einer Kinder- und einer Jugenddisco?

Kleine und grössere Traditionen rund um den Maienzug

Fast jede Familie und jeder Freundeskreis hat kleine Traditionen rund um den Maienzug. Dazu gehören nicht nur die Aperos in den Gärten, sondern zum Beispiel auch das mit den Kindern gemeinsame Chränzle auf der Schanz oder auf Nachbars Terrasse / im Garten, Treffen von Freunden an bestimmten Orten und Stationen des Maienzugs, zum Beispiel an der Umzugsroute, am Bankett, später im Schachen etc. Diese kleinen Gewohnheiten sind für die Menschen wichtig, und viele davon wurden mit den tiefgreifenden Veränderungen des Maienzugs verunmöglicht. Zum Beispiel können die Kinder nicht mehr am Chränzle teilnehmen, weil der Donnerstagnachmittag nicht mehr schulfrei ist.


Bei Veränderungen sollten deshalb nicht nur die Anspruchsgruppen wie Lehrerschaft, Kinder, Polizei, Werkhof und Vereine einbezogen werden, sondern die vorgeschlagenen Veränderungen sollten auch veröffentlicht werden. Damit gibt man den Aarauerinnen und Aarauer die Möglichkeit, sich dazu zu äussern (z.B. mit einer Kommentarfunktion). Dadurch könnte ein Stimmungsbild abgeholt werden, und allenfalls könnten Bedürfnisse, die von den offiziellen Anspruchsgruppen nicht abgedeckt wurden, noch berücksichtigt werden.
Es ist uns ein Anliegen, dass die Tradition des Maienzugs in Zukunft wieder zu einer gemeinsamen Identität aller, die in Aarau mit dem Herzen zuhause sind, beiträgt. Dafür nehmen wir die Stadtverwaltung, die Politik und auch die Maienzugskommission in die Verantwortung. Sie sollen alles daran setzen, dass die aufgeworfenen Gräben in der Bevölkerung überbrückt werden und dabei auch ihre eigenen Werte kritisch hinterfragen. Wir versuchen, dasselbe zu tun und machen mit diesem Dokument einen ersten Schritt.
Es sollen alle Bedürfnisse berücksichtigt werden: Platz, Wohlbefinden und Effizienz, aber auch Tradition, Moderne und Identität. Es ist Chance und (Heraus-)Forderung zugleich, nun kreative und verbindende Lösungen zu finden, die für alle ein schönes und identitätsstiftendes Fest ermöglichen. Wir stehen selbstverständlich für Gespräche oder Workshops zur Verfügung und sind bereit, auch in Zukunft einen Beitrag zu leisten.

Mitglieder der überparteilichen Gruppe für den Maienzug als Fest für alle

Yves Baumgärtner (ehem. Mitglied Maienzugkommission), Benjamin Böhler (Student, FDP), Piera Bradanini Baur (aus dem Stadtteil Aarau Rohr, Mitte), Simon Burger (Einwohnerrat SVP), Cornelia Forrer (Einwohnerrätin EVP), Hans Fügli (ehem. Einwohnerrat SP), Lukas Häusermann (ehem. Einwohnerrat Mitte), Etienne Huber (Betriebswirt, Präsident Mitte), Vreni Jean-Richard (Einwohnerrätin SP), Salomé Ruckstuhl (ehem. Einwohnerrätin, parteilos), Max Suter (ehem. Einwohnerrat SVP), Hansueli Trüb (Präsident Quartierverein Telli), Cornelia Tschopp (Einwohnerrätin GLP), Matthias Zinniker (Einwohnerrat FDP) – mit der Unterstützung weiterer ehemaliger Mitglieder der Maienzugkommission.

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